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Bundestag heute: Merz scheitert bei Abstimmung – Abweichler von Fraktion

Berlin. Showdown im Bundestag, die Zweite. Nach einem historischen Debattenmarathon konnte Merz keine Mehrheit für sein Gesetz organisieren. Wer wie abstimmte.

### Bundestag lehnt den Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Begrenzung der Migration ab

Der Bundestag hat den auch wegen einer Unterstützung durch die AfD heftig diskutierten Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Begrenzung der Migration abgelehnt. Sitzungsleiterin Petra Pau teilte am Freitag mit, das „Zustrombegrenzungsgesetz“ habe in zweiter Lesung keine Mehrheit gefunden. Damit entfiel die dritte Lesung mit der Schlussabstimmung.

Mit der Abstimmung wollte der Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz unter dem Eindruck des tödlichen Messerangriffs von Aschaffenburg Tatkraft und Handlungsstärke in der Migrationspolitik demonstrieren. Doch auch nach stundenlangen Verhandlungen mit SPD, Grünen und FDP gelang kein Kompromiss, bei dem abgestimmt werden konnte, ohne dass der AfD eine entscheidende Rolle zugekommen wäre – und dann scheiterte der Antrag seiner Fraktion am Ende auch noch im Bundestag.

Bereits Anfang November hatte ein Polit-Beben Deutschland erschüttert. Kanzler Olaf Scholz (SPD) entließ Finanzminister Christian Lindner (FDP), die Ampelkoalition zerbrach. Die Folge: Bereits am 23. Februar 2025 findet die 21. Bundestagswahl statt. Ursprünglich sollten die deutschen Wählerinnen und Wähler erst Ende September 2025 an die Urne treten.

### Bundestag heute aktuell: Diese Politiker stimmten nicht mit ihrer Fraktion

Gute eine Stunde nach Ende der entscheidenden Sitzung hat der Bundestag bekanntgegeben, welche Parlamentarier nicht mir ihrer Fraktion stimmten. Von 196 Mitgliedern der Unionsfraktion stimmten zwölf Parlamentarier nicht ab. Darunter Helge Braun, Monika Grütters, Thomas Heilmann und Marco Wanderwitz. Von 90 Mitgliedern der FDP-Fraktion stimmten 23 dagegen, enthielten sich oder stimmten nicht ab. Prominent ist unter anderem Generalsekretär Marco Buschmann, der allerdings aus Krankheitsgründen nicht dabei war. Konstantin Kuhle, Ria Schröder und Johannes Vogel gaben ihre Stimme ebenfalls nicht ab. Das ehemalige Parteimitglied und mittlerweile fraktionsloser Abgeordneter, Volker Wissing, stimmte wie schon am Mittwoch dagegen.

Wie haben die Fraktionen abgestimmt? Bei der Bundestagsabstimmung über das heftig diskutierte Gesetz der Union zur Begrenzung der Migration gab es keine Gegenstimmen aus der eigenen Fraktion. Allerdings gaben nach Angaben des Bundestags zwölf Unionsabgeordnete ihre Stimme nicht ab. Aus der FDP-Fraktion, die zuvor ebenfalls ihre Zustimmung signalisiert hatte, gab es zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen. 16 FDP-Abgeordnete gaben keine Stimme ab. Die AfD stimmte bei einer nicht abgegebenen Stimme ansonsten geschlossen für das Gesetz. SPD und Grüne stimmten geschlossen dagegen – bei vier beziehungsweise zwei nicht abgegebenen Stimmen. Wie viele Abgeordnete aus Krankheitsgründen fehlten, war nicht bekannt.

### Mützenich dankt Unions-Abweichlern „ausdrücklich“

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dankt den Abweichlern bei der Abstimmung über das Migrationsgesetz. Dem Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hätten offenbar „drei Dutzend Stimmen aus dieser neuen Koalition“ gefehlt, sagte Mützenich. Darunter seien Abgeordnete der Unionsfraktion, die die Größe, die Haltung und die Überzeugung gehabt hätten, Merz in dieser „historischen Entscheidung“ nicht zu folgen. „Diesen Abgeordneten bin ich ausdrücklich dankbar.“ Die Wähler müssten nun entscheiden, ob man Merz das Schicksal des Landes in diesen schwierigen Zeiten in die Hände legen dürfe.

### Meinung: Friedrich Merz stärkt die AfD – und kein Problem ist gelöst

Zum zweiten Mal diese Woche wollte Friedrich Merz mit dem Kopf durch die Wand – diesmal vergeblich. Der Kollateralschaden ist gewaltig, meint Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke-Zentralredaktion. Merz: Zwölf Abweichler in der eigenen Fraktion. „Ich bedaure sehr“, sagte Friedrich Merz nach einer Sitzung mit seiner Fraktion. Er habe sich bei seiner eigenen Fraktion für die Unterstützung bedankt. Zwölf Abweichler habe es dort gegeben, die er respektiere. „Ich hätte gerne ein anderes Ergebnis gesehen.“ Er schießt gegen die Grünen, bei denen es „gar keine Bereitschaft gegeben“ habe, beim Thema Migration einen Kompromiss zu schließen. Der SPD wirft er Wahlkampftaktiererei vor. „Der deutsche Parlamentarismus ist der eigentliche Sieger“, so Merz.

Die Stimmung im Plenum ist aufgeladen. Die Vorgänge der vergangenen Tage haben die Abgeordneten spürbar aufgewühlt. Immer wieder gibt es Zwischenrufe. Es verlaufen tiefe Gräben zwischen der Union und der FDP auf der anderen Seite und SPD und Grünen auf der anderen Seite. Die Beteiligten der vertraulichen Gespräche in den Stunden zuvor werfen sich im Plenum gegenseitig vor, die Unwahrheit über den Verlauf zu berichten. Einerseits wurde im Bundestag schon lange nicht mehr so intensiv gestritten. Das hat auch mit dem Wahlkampf und der nahenden Wahl am 23. Februar zu tun. Andererseits ist angesichts all der Vorwürfe und heftigen gegenseitigen Kritik schwer vorstellbar, wie sich die Beteiligten nach der Wahl wieder an einen Tisch setzen sollen, um über eine Regierungsbildung zu sprechen.

Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge antwortet auf Christian Dürr: Man sei bereit gewesen, den Gesetzentwurf in den Ausschüssen weiterzuverhandeln. Die Grünen hätten während der Gespräche am Vormittag gefragt, was passiert, wenn es dort bis Februar keine Einigung gebe – ob die FDP dann mit der AfD stimmen würde. „Ihre Antwort war Ja“, sagt Dröge in Richtung Dürr. Explizit habe er gesagt, dass man dann Mehrheiten mit der AfD in Kauf nehme. So könnten Demokraten aber nicht miteinander verhandeln. „Sie haben am Ende ein Stück weit das Lager gewechselt“, wirft sie der FDP vor.

Die SPD sei bereit zu Gesprächen, sagt er. Aber Gespräche zwischen Demokraten bräuchten neben Vertrauen Augenhöhe – und diese Bereitschaft habe es bei der Union nicht gegeben. „Das geht nicht in einer Demokratie“, sagt Mützenich. „Das Prinzip ‚Friss UND stirb‘ muss für immer vorüber sein.“ Es wäre gut, wenn sich Merz für die Abstimmung am Mittwoch entschuldige, so Mützenich weiter. „Kehren Sie um!“ Er spricht von einem „Sündenfall“ und einem „Tor zur Hölle“, das man noch gemeinsam schließen könne. Damit bestätigt er Berichte darüber, dass er hinter Kulissen eine Entschuldigung von Merz gefordert hatte.

Die CDU trage eine wesentliche Mitverantwortung dafür, dass es seit 2017 die AfD im Bundestag gebe. Aber, dass die AfD bei der nächsten Wahl doppelt so stark werden könnte, das sei die Schuld der Ampel. Er werde in den nächsten Wochen und Monaten und Jahren, „alles dafür tun, dass diese Partei nicht weiter wächst und dass sie wieder eine Randerscheinung“ der Politik wird. Die Unionsabgeordneten stehen nach der Rede auf, um ihrem Vorsitzenden lange zu applaudieren.

Merz antwortet sichtlich wütend angefasst auf die Frage, die er als „Suggestivfrage“ auffasst: „Ich denke überhaupt nicht daran, mich auf dieses Niveau in einer solchen Debatte einzulassen.“ Die Antwort sei klar, dass die Union sich von der AfD-Fraktion sich nicht in eine Mehrheit oder Bundesregierung bringen lasse, „das ist und bleibt klar“.

Der Ton eskaliert: Thorsten Frei, Merz-Vertrauter und Parlamentsgeschäftsführer, wirft Baerbock vor, sie würde nicht nur ein „faktenfreie“ Rede halten, sondern „Lügengeschichten“ über die Verhandlungen über schärfere Migrationsregeln zwischen Ampel und Union im vergangenen Jahr verbreiten. „Dass Männer, wenn sie nicht mehr weiter wissen, mit dem Wort ‚Lüge‘ um sich werfen“, kenne sie aus dem Kindergarten, antwortet Baerbock auf die Intervention von CDU-Mann Frei.

Merz hat nach intensiven Gesprächen wieder den Plenarsaal betreten. Nur die Abgeordneten der SPD sind noch nicht zugegen.

Die SPD-Abgeordneten warten darauf, dass es weitergeht. Es werden Getränke gebracht, manche holen sich etwas zu essen. Die Parlamentarier sprechen über die verschiedenen Optionen, wie es nun weitergehen könnte. Es herrscht aber eine gewisse Ratlosigkeit. „Wilde Zeiten“, sagt eine Sozialdemokratin. Die Sozialdemokraten sind der Ansicht, Unionsfraktionschef Friedrich Merz müsse sich dafür entschuldigen, dass er der AfD die Hand gereicht habe. Andere Abgeordnete reden über Fußball und die Auslosung der nächsten Paarungen in der Champions League.

Die Sitzung des Bundestags bleibt vorerst unterbrochen. Auch die Beratungen der Fraktionen ruhen. Nach Informationen unserer Redaktion wird im Moment erneut auf Ebene der Fraktionschefs verhandelt. Verhandeln soll Merz mit den Fraktionschefinnen der Grünen, Britta Haßelmann und Katharina Dröge, SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sowie FDP-Chef Christian Lindner. Es dürfte darum gehen, ob heute noch über das umstrittene „Zustrombegrenzungsgesetz“ abgestimmt wird oder nicht.

Friedrich Merz habe seine Fraktion in eine ausweglose Lage manövriert, sagte der SPD-Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, dieser Redaktion. Während die meisten Abgeordneten auf dem Weg zurück ins Plenum sind, berät seine Partei noch auf Fraktionsebene: Als „kopflos, planlos, skrupellos“ bezeichnete der SPD-Politiker Merz‘ Vorgehen. „CDU und CSU stehen vor einem Scherbenhaufen.“ Wiese betonte, dass seine Partei für notwendige Gesetzentwürfe bereitstehe. Merz suche allerdings erneut die Mehrheit mit der rechtsextremen AfD. „Statt gemeinsam mit uns, der demokratischen Mitte, Lösungen anzustreben“, so Wiese weiter.

Die Union hat ihren Fraktionssaal verlassen. Die SPD berät weiter. Im Bundestag herrscht große Unsicherheit, was in den nächsten Stunden passiert. Als „crazy“ beschreibt jemand die Lage. Sicher ist: Die Fronten zwischen Union und SPD sowie Grünen sind total verhärtet.

Die Abgeordneten kehren langsam ins Plenum zurück. Es sieht alles danach aus, dass die Abstimmung zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ stattfinden soll. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat ein Statement vor Beginn der Sitzung angekündigt.

Die FDP verzichtet auf einen zuvor von ihrer Fraktion angekündigten Antrag für eine Vertagung der Abstimmung und weitere Beratung in den Ausschüssen, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin aus Kreisen der FDP-Fraktion erfuhr. Fraktionschef Christian Dürr sagte vor der Presse, die FDP habe SPD und Grünen das Angebot gemacht, mit der alten Ampel-Mehrheit den Gesetzentwurf für eine neue europäische Asylpolitik (GEAS) zu beschließen, wenn Sozialdemokraten und Grüne dafür dem Unions-Entwurf zustimmen. „Dieses Kompromissangebot ist vorhin von den Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen abgelehnt worden.“ Dürr greift SPD und Grüne deshalb scharf an, wirft ihnen vor, dass sie „aus der Regierung heraus auf Fundamentalopposition geschaltet“ hätten. Auch der Bundeskanzler müsse sich nach diesem Tage einige Fragen stellen.

Auf der Regierungsbank liegt das Buch einer Person, die gar nicht mehr im Kabinett sitzt. Robert Habeck hat demonstrativ das Buch von Angela Merkel „Freiheit“ dort platziert.

Nach intensiven Gesprächen mit Grünen, SPD und FDP hat sich Unions-Fraktionschef Merz auf den Weg in die eigene Fraktion gemacht.

Die SPD-Bundestagsfraktion zeigt sich offen für den Vorschlag der FDP, das „Zustrombegrenzungsgesetz“ der Unionsfraktion in den Innenausschuss zu überweisen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich habe mit Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) am Donnerstag darüber gesprochen, das Gesetz zurückzuziehen, erfuhr diese Redaktion aus Kreisen der SPD-Fraktion. „Merz wollte das nicht. Wenn die FDP es jetzt in den Innenausschuss überweisen und eine erneute Mehrheit mit Rechtsradikalen verhindern will, dann unterstützen wir das.“ Aber die Lage sei „dynamisch“, hieß es kurz vor Beginn der Debatte im Bundestag.

Konnte sich Merz am Mittwoch noch auf eine Mehrheit mit Stimmen von Union, AfD und FDP stützen, scheint diese für die Gesetzentwürfe am Freitag zu wackeln. FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Dürr sagte am Morgen in Berlin, dass seine Partei plane, den Gesetzentwurf der Union in den Innenausschuss zurückzugeben. Das Ziel sei, dass bis zu einer weiteren Sitzung im Bundestag am 11. Februar eine Mehrheit „aus der demokratischen Mitte“ organisiert werden kann. Er sprach damit unter anderem die Fraktion der SPD an. Wie „Table Media“ zunächst berichtete, könnten sich bei einer heutigen Abstimmung 15 bis 20 FDP-Abgeordnete enthalten oder nicht abstimmen. Laut „Bild“-Informationen könnte es „ein knappes Dutzend“ an Unions-Politikern ihnen gleichtun.

Friedrich Merz hat sich am Freitagmorgen mit einem eindringlichen Appell an die eigenen Leute gewandt: „Wir müssen diesen Sturm jetzt aushalten“, sagte der Kanzlerkandidat der Union laut Teilnehmern in der Fraktionssitzung vor der Abstimmung über das umstrittene „Zustrombegrenzungsgesetz“ im Bundestag. Das Gesetz könnte am Vormittag mit den Stimmen der AfD – wie schon ein Unionsantrag am Mittwoch – eine Mehrheit bekommen.

Mit Blick auf die massiven Proteste gegen die Union ergänzte Merz: „Das haben wir schon öfter erlebt.“ Die Bürgerinnen und Bürger würden sich jetzt genau anschauen, wie widerstandsfähig die Union sei. Applaus bekam Merz demnach für sein Festhalten an seinem Kurs: „Wir sind in einer außergewöhnlichen Lage“, in der außergewöhnliche Entscheidungen anstünden.

Merz appellierte zudem direkt an SPD und Grüne, dem Gesetzesantrag zu folgen und verspricht, am Freitag im Bundestag noch etwas deutlicher zu werden: „Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sie dem zustimmen. (…) Weimar ist nicht gescheitert durch die Machtergreifung. Weimar ist viel früher gescheitert an der mangelnden Fähigkeit der politischen Parteien der demokratischen Mitte, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen.“