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Es sind nur ein paar Schritte von der Limousine bis zu ihrem Ziel, dem Pavillon. Unter Schirmen, die sie vor dem strömenden Regen schützen, hat Ursula von der Leyen es schon fast nach drinnen zu ihrem Besuch bei einem EU-Förderprojekt geschafft. Da bemerkt sie die Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die unter einer Baumgruppe auf dem Theodor-Heuss-Platz in Neuperlach steht, klatscht und „Europa“ ruft.

Die Präsidentin der EU-Kommission erkennt die Chance, verlässt das minutengenau getaktete Protokoll für den auf eine Stunde angesetzten Besuch und geht über die Wiese auf die jungen Menschen zu. Schnell steckt sie in einer Menschentraube. Ein Schüler hat ein Anliegen: nämlich, ob sie etwas tun könne, damit der Döner wieder billiger wird. Mit anderen macht von der Leyen Selfies. Als sie schließlich doch auf dem Weg nach drinnen ist zu ihrem Termin, ruft ein Schüler: „Ey, wir haben ein Bild mit ihr gemacht, wie geil ist das denn?“

Damit hat von der Leyen den Ton gesetzt für diesen Tag, dem sie in München durchaus nervös entgegengesehen hatten. So hoher politischer Besuch kommt ja nur selten. Aber die Spitzenpolitikerin aus Brüssel gibt sich bewusst nahbar und interessiert – letztlich logisch, schließlich geht es um die Verwendung von Geld, das sie selbst auf den Weg gebracht hat. Es haben also alle ein Interesse daran, dass die Sache gut über die Bühne geht.

„Creating NEBourhoods Together – Neuperlach“, diesen etwas kryptischen Namen trägt das Projekt, das Münchens Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD), Stadtbaurätin Elisabeth Merk und weitere Akteurinnen und Akteure an diesem Freitagvormittag präsentieren. Es ist eines von europaweit fünf Leuchtturmprojekten, die die EU-Kommission im Rahmen der Initiative Neues Europäisches Bauhaus (NEB) mit je fünf Millionen Euro fördert.

Mit dem NEB wiederum will von der Leyen das große Wirtschafts- und Umweltprojekt „European Green Deal“ auch kulturell verankern. Der Bezug auf die Bauhaus-Bewegung, die Architektur, Design und Handwerk zusammenführte, soll den interdisziplinären Anspruch des NEB unterstreichen. Die Projekte aus dieser Initiative sollen Nachhaltigkeit, Schönheit und Gemeinsamkeit zusammenbringen, so die Vorgabe der EU-Kommission.

Das Zentrum des Projekts in Neuperlach ist jener Pavillon, in dem sich wegen des miesen Wetters mehrere Dutzend Menschen um von der Leyen drängen. Der Pavillon ist Ausstellungsort und Treffpunkt, zugleich aber schon Teil des Projekts. Denn gebaut hat ihn das Start-up WeOn aus einem nachhaltigen Modulsystem, das auch für günstige flexible Wohnformen verwendbar ist. WeOn-Geschäftsführer Timo Weil preist sein System als „eine kleine Wunderwaffe“. Ursula von der Leyen gibt sich sofort überzeugt: „Grandios, könnte nicht besser sein.“

Um Architektur im größeren Rahmen geht es beim Forschungsprojekt „Wohnen Weiterbauen“. Da überlegen die Mitglieder der Technischen Universität (TU) München und der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg, wie man bei in die Jahre gekommenen Wohngebäuden in Neuperlach die nötige energetische Fassadensanierung mit einer Erweiterung der Wohnfläche kombinieren könnte.

Teil von „Creating NEBourhoods Together“ sind auch Projekte zu einer genossenschaftlichen Energieversorgung und eine von der Unternehmer-TUM betriebene mobile Werkstatt namens „Maker’s Space“, die kostenfrei genutzt werden kann.

Und auch eine Delegation der Schüler von draußen hat einen kurzen Auftritt. Sie kommen von der Montessori-Schule Campus di Monaco und präsentieren von der Leyen ein selbst gebautes Schattendach, unter das sie an heißen Sommertagen den Unterricht verlegt haben – und das mit Photovoltaik-Elementen ausgestattet ist.

Was bleibt, wenn die Förderung ausgelaufen ist?

„Beispielgebend“ seien alle diese Projekte, sagt Ursula von der Leyen zum Abschluss ihres Besuchs. „Es wächst etwas von unten, das nicht nur schön ist, sondern auch einen Mehrwert bringt.“ Sie könne sich gut vorstellen, dass diese Projekte so ähnlich auf Finnland oder Portugal übertragen werden könnten.

Damit spricht sie indirekt die große Frage an, die über solchen Förderungen immer steht: Solange das Geld fließt, werden sie gehegt und gepflegt und machen alle zufrieden – aber was bleibt, wenn die Förderung ausgelaufen ist?

Auf München bezogen wäre es vermessen, zu erwarten, dass so ein EU-Projekt sämtliche Zukunftsfragen, die sich für Neuperlach mit seinen gut 40 000 Bewohnerinnen und Bewohnern stellen, lösen kann. Aber Stadtbaurätin Merk denkt von Berufs wegen in langen Zeiträumen und daran, dass der Stadtrat Neuperlach zu einem Sanierungsgebiet gemacht hat, um den Stadtteil – mit weiterem Fördergeld von Bund und Ländern – zu modernisieren. Und in diesem Prozess, davon ist Merk überzeugt, werden auch die NEB-Ideen weiterleben.