news-17112024-083745

Berlin. Die Abhörstation auf dem Teufelsberg ist Berlins bekanntester Lost Place. Was ist das für ein Ort – und warum wurde er zur Ruine?

Die „Field Station Berlin“ auf dem Teufelsberg wurde seit Anfang der 1960er-Jahre errichtet. Lange Zeit war sie ein blinder Fleck auf den Stadtkarten (West-)Berlins. Aus gutem Grund: Die Radaranlage diente jahrzehntelang als Abhörstation, mit der die US-Geheimdienste minutiös verfolgten, was hinter dem Eisernen Vorhang geschah. Ein steingewordener Lauschangriff auf die Operationen und militärischen Aktivitäten im Ostblock. Nach der Wiedervereinigung und dem Abzug der US-Armee 1994 verfielen die Gebäude der Radarstation Teufelsberg zu einer modernen Ruinenlandschaft. Die wichtigsten Infos zu einem von Berlins berühmtesten Lost Places. Das sind die Fakten zur Abhörstation Teufelsberg:

Adresse: Teufelsseechaussee 10, 14193 Berlin-Grunewald
Geschichte: Anfang der 1960er-Jahre installierte die US-Armee die erste mobile Abhörstation auf dem Teufelsberg, nachdem die Briten bereits seit Anfang der 1950er-Jahre den Ort zur militärischen Überwachung des Flugverkehrs genutzt hatten; ab 1963 Bau und Betrieb der Abhörstation in mehreren Bauabschnitten; bis zur Wiedervereinigung Überwachung des Funk-, Richtfunk- und Fernmeldeverkehrs der DDR; nach 1992 Leerstand
Führungen: Die ehemalige Abhörstation kann individuell oder per Tour erkundet werden. Hier finden Sie mehr Infos zu den aktuellen Öffnungszeiten und Besuchshinweise sowie zu den angebotenen Führungen auf dem Teufelsberg Berlin
Denkmalschutz: Objekt-Nr. 09097869
Status: Lost Place. 1996 wurde das Gelände an einen privaten Investor verkauft. Bebauungspläne scheiterten, heute wird das Areal mitsamt der erhaltenen Ruinenlandschaft der Ex-Abhörstation als Graffiti-Galerie, Lost-Place-Besucherattraktion und Eventfläche vermarktet

Wo liegt die Abhörstation Teufelsberg genau? Das Areal der Abhörstation liegt im Grunewald an der Teufelsseechaussee 10 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Google-Koordinaten für das Objekt lauten: F6WQ+VV Berlin. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Gelände am besten vom S-Bahnhof Heerstraße (S3, S9) zu erreichen. Von der S-Bahnstation ist es ein rund 30-minütiger Fußweg entlang der Teufelsseechaussee bis zu der Abhörstation auf dem Teufelsberg. Mit dem Auto kann man bis zur Auffahrt des Berges fahren. Gleich nachdem man rechts die Teufelsseechaussee bergauf abgebogen ist, befindet sich ein kostenloser Schotterparkplatz. Von dort sind es noch rund zehn Minuten zu Fuß bis zum Eingang des Geländes. Auch interessant: Lost Places: Diese Strafen drohen bei Hausfriedensbruch

Die Geschichte der US-Abhörstation Teufelsberg hatte mehrere wichtige Etappen. Ausgangslage war die Stationierung der US-Armee im Südwesten Berlins. Die Präsenz der US-amerikanischen Besatzungsmacht in Berlin von 1945 bis zum Abzug der Streitkräfte 1994 hat das Stadtbild und das Leben der Bevölkerung geprägt. Insbesondere im Südwesten der Stadt, im Herzen des ehemaligen amerikanischen Sektors, haben Zehntausende Amerikaner über fünf Jahrzehnte ihre Spuren hinterlassen. Einer der geheimsten und geheimnisumwittertsten Standorte: die US-Abhörstation Grunewald auf dem Teufelsberg – ein Spionagezentrum, das hoch oben auf den aufgeschichteten Trümmern der Stadt entstand, um die Aktivitäten der Sowjets im Ostblock belauschen zu können.

Hoch oben auf der Spitze des Teufelsbergs bauten die Amerikaner in den 1960er-Jahren eine riesige Anlage, die die älteren Spionagebauten der Briten ergänzte. Verborgen vor neugierigen Blicken – Deutsche hatten nur in den seltensten Fällen Zutritt – wurde die US-Anlage zu einem weißen Fleck auf den Stadtkarten Berlins – ein geheimnisvolles Spionagezentrum über den Baumkronen der geteilten Stadt. Rings um die futuristisch anmutenden Gebäude, die auf der künstlichen Erhebung thronten, herrschte militärische Sperrzone. US-Abhörstation Teufelsberg: Geheimdienst-Horchposten in Berlin

„Nirgendwo anders hatten sich die verfeindeten Supermächte USA und Sowjetunion so nah gegenübergestanden wie im geteilten Berlin. Jahrzehntelang stand die Abhörstation auf dem Teufelsberg an vorderster Front des Ost-West-Konflikts. Die „Field Station Berlin“, von den Alliierten „The Hill“ genannt, erlaubte durch ihre Position auf der höchsten Erhebung Westberlins einen ungehinderten Empfang von Telefon-, Funk- und Faxsignalen. Die Russen horchten vom Brocken nach Westen, die Amerikaner vom Teufelsberg nach Osten. Scherzhaft hieß es, man könne hier auch noch die elektrische Zahnbürste Breschnews hören.“

Die Anlage auf dem Teufelsberg war Teil des weltweiten Spionagenetzes Echelon und eine der wichtigsten der westalliierten Abhörstationen im Kalten Krieg. Mit der UKUSA-Vereinbarung 1946 hatten sich die USA und Großbritannien auf enge geheimdienstliche Kooperation verständigt. Später kamen noch Australien, Neuseeland und Kanada hinzu; die „Five Eyes“ waren aus der Taufe gehoben. Das Abkommen bildete die Grundlage für die US-Operationen auf dem Teufelsberg, der zum britischen Sektor der geteilten Stadt gehörte. Avus-Tribüne: Diese Berliner Legende verrottete vor unser aller Augen. Familienbad im Olympiapark: Dieser Fleck gammelt seit Jahrzehnten vor sich hin. Historische Tankstelle: Juwel aus den 1920er-Jahren erfährt doppelten Schicksalsschlag. Olympia-Schwimmstadion: Das Geheimnis der Geister-Tribünen US-Abhörstation Teufelsberg: Schlichte Anfänge mit Transportern und Holzhütten

Die verwinkelte Struktur der einstigen Spionagehochburg war durch mehrere größere Bauphasen geprägt. Bereits seit den 1950er-Jahren hatten die Briten das Gelände zur Luftraumüberwachung genutzt. Seit 1951 arbeitete eine kleine Gruppe von Übersetzern der zur Royal Air Force (RAF) gehörenden Signals Unit (Signaleinheit) an der Überwachung von Flugbewegung und dem Abfangen von Nachrichtenverkehr. Ein Horchposten auf dem Flugplatz Gatow, der den verschlüsselten Sprechfunk und Fernschreibverkehr abfangen und entschlüsseln sollte, wurde in den 1960er-Jahren auf den Teufelsberg verlegt.

Mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 war die Möglichkeiten mit Agenten am Boden in Ostberlin, der DDR und Ostblockländern operieren zu können, quasi über Nacht erheblich erschwert worden und die elektronische Fernüberwachung gewann an Bedeutung. Briten und Amerikaner einigten sich auf eine gemeinsame Nutzung des Areals am Teufelsberg. Die Architektur war noch durch mobile Anlagen und temporäre Bauten bestimmt. 1961 errichteten die Briten zwei große Antennen und stationierten eine Einheit britischer Übersetzer in provisorisch zusammengezimmerten Holzhütten. Die Amerikaner verlegten erste eigene mobile Einheiten auf den Trümmerberg, deren gekoppelte Lastwagen, Container, Baracken und Antennen eine u-förmige Aufstellung bildeten. Abhörstation: Berlins berühmteste Ruine: Was passierte auf dem Teufelsberg? Geisterhaus: Luxusvilla im Grunewald wurde zu unheimlichem Horrorhaus. NS-Bunker: Geheimnisvolle Ruine verbirgt sich am Randes des Olympiastadions. Ausflugsziel: Mythos Grunewaldturm: Spannende Tradition lebt fort. US-Munitionsdepot: Wie bizarre Hügelgräber: Das verborgenen Geheimnis im Grunewald

US-Abhörstation Teufelsberg: Ab 1963 nahm die Field Station Gestalt an

Die ersten dauerhaften Einrichtungen entstanden ab 1963: Das Provisorium mobiler Einheiten wurde an der Südseite mit Baracken erweitert und ein erster Betonturm mit aufblasbarer Kuppel (Radom) für eine rotierende Radaranlage ergänzte nun die Silhouette des Teufelsbergs. Daneben ließ die US-Armee einen viergeschossigen Backsteinbau, das „Comm Center“, an der Westseite sowie den freistehenden Radomturm „Arctiv Tower“ errichten. Die beiden Gebäude sind die ältesten bis heute vorhandenen Strukturen der Abhörstation. 1969 verzeichneten die Aufklärungseinheiten im Ostblock Bewegung auf dem Teufelsberg, als Kolonnen von Baufahrzeugen die nächste Bauphase einleiteten. Das Bauprogramm „Project Filman“ hatte begonnen. Viele der Gebäude entstanden, die bis heute die markante Form der Field Station bilden: das zweigeschossige britische Betriebsgebäude, das weit sichtbare dreigeschossige US-Hauptgebäude mit Turm und drei Radarkuppeln, die Verbrennungsanlage für Akten, ein Heizkraftwerk, die Transformatorenstation mit Notstromaggregaten, eine neue Messe mit Einkaufsladen und Warenhaus. US-Abhörstation Teufelsberg: Festungsanlage im Kalten Krieg der Daten

Verwinkelte Gänge, fensterlose Gebäude und Top-Secret-Sicherheitsmaßnahmen gehörten zum Arbeitsumfeld der INSCOM-Mitarbeiter in der US-Abhörstation der US-Armee auf dem Teufelsberg in Berlin-Grunewald. Prägendes Element des Agentenbaus: die fensterlose Architektur und überdeckte oder unterirdische Verbindungstunnel. Alle Aktivitäten waren ins unsichtbare Innere der Station verlegt worden und unterstanden strengster Geheimhaltung. Die Abhörstation auf dem Teufelsberg war zu einer modernen Burg ausgebaut worden, doch noch hatte sie ihre endgültige Struktur nicht erreicht. Anfang der 1970er-Jahre entstand im Eingangsbereich ein neues Wachgebäude und gedeckte Verbindungsgänge zwischen den Hauptbetriebsgebäuden und dem Radarturm. Anstelle des alten Messegebäudes wurde das experimentelle Abhörgerät „Jambalaya“ installiert und die Briten ließen einen 120 Meter hohen rotweißen Antennenmast aufstellen. Bis 1978 wurden die letzten mobilen Einheiten demontiert. Für den Bau des neuen, bis 1983 fertiggestellten Betriebsgebäudes Teufelsberg II musste die Verbrennungsanlage für Dokumente versetzt werden. Das Messegebäude wurde als gestaffeltes Gebäudes samt großzügiger Glasfassade – eine Ausnahme auf dem Gelände – realisiert. Außerdem entstanden eine zweite Transformatorenstation sowie zwei weitere Elektrozentralen. Das Wachlokal wurde um Schlaf- und Lagerräume erweitert und erhielt eine Telefon- und Brandmeldezentrale. Als eine der letzten Baumaßnahmen wurden die Hauptgebäude gedämmt, der Jambalaya-Turm 1987 abgerissen und auf den Fundamenten ein neuer Turm errichtet. Von außen war die Station durch zwei 1,20 Meter auseinanderstehenden Zäune mit Kontakt-Sensoren abgeschirmt, durch die ein Postenweg für Patrouillen verlief. Sobald ein Zaun berührt wurde, waren Einheiten der auf dem Teufelsberg stationieren Sonderabteilung US-Militärpolizei (USAMPC) zu Stelle. US-Abhörstation Teufelsberg: Das waren die Aufgaben der Spionage-Hochburg

Mit der Anlage auf dem Teufelsberg betrieb die US-Army Security Agency (ASA), eine Unterabteilung der NSA, eine der effektivsten Abhörstationen Richtung Osten. 1977 ging diese in das „Intelligence and Security Command“ (INSCOM) über, das von nun an die Verantwortung der Abhörstation auf dem Teufelsberg übernahm. Auf Seiten der Amerikaner war die NSA für die elektronische Aufklärung zuständig, auf der Seite der Briten, der SIS (Secret Intelligence Service). Darüber hinaus besaßen auch die Marine und die Luft- und Landstreitkräfte eigene geheimdienstliche Einheiten, die von der Field Station aus operierten. Prägt die Silhouette des Teufelsbergs seit Jahrzehnten: Die einst streng geheime britische und US-amerikanische Abhör- und Radaranlage „Field Station Berlin“. Alle Infos

Die Aufgabe der stationierten Geheimdienste war die elektronische Aufklärung, die Überwachung des Funkverkehrs und die Dechiffrierung und Lageanalyse. Von der Anlage auf dem Teufelsberg und vernetzter weitere Geheimdienststandorte in Berlin wurde der Funkverkehr des „Warschauer Pakts“ einschließlich der DDR-Behörden überwacht, abgehört, protokolliert und bei Bedarf gestört. Hinter den vier großen, mit textilem Gewebe bespannten Radomen verbargen sich für diese Aufgabe Parabolantennen unterschiedlicher Größe sowie Breitbandantennen. Die gesammelten Daten wurden per Satellitenverbindung an das NSA-Hauptquartier im US-amerikanischen Fort Meade weitergeleitet. Die Field Station war auf ihrem Höhepunkt in der Lage in einem Umkreis von 250 Kilometern aktive Funkmessanlagen zu erfassen und deren Radaraussendungen auszuwerten. Zusammen mit anderen Objekten entstand mit ihr ein bis 500 Kilometer tiefes Frühwarnsystem der stationierten Streitmächte. Die rund 800 INSCOM-Spezialisten, die im Schichtbetrieb rund um die Uhr in der Abhörstation arbeiteten, wurden drei Mal täglich mit Bussen auf den „Hill“ gefahren und nach Dienstende wieder abgeholt. Insgesamt waren bis zu 1500 Armeeangehörige und Mitarbeiter in der Field Station eingesetzt. Vier Mal wurde Berlins Spionagehochburg bis Anfang der 1990er-Jahre mit der „Travis Trophy“ als wichtigste US-Abhörstation zur strategischen Aufklärung ausgezeichnet. US-Abhörstation Teufelsberg: Infiltrationsversuche durch den KGB

In der jahrzehntelangen Geschichte der Abhörstation gab es diverse Infiltrationsversuche durch die Geheimdienste des Ostblocks. Einer der spektakulärsten: der Fall Hüseyin Yildirim Ende der 1970er-Jahre. Der türkischstämmige Gastarbeiter hatte in Süddeutschland bei Mercedes Benz als Kfz-Meister gearbeitet, bevor er 1972 nach Westberlin ging. Diamantenhandel, Versicherung, Anlageberater – Yildirim hatte viel versucht, bevor er 1979 auf der Suche nach einer Finanzspritze kurzerhand nach Ostberlin fuhr und beim Auslandsnachrichtendienst der DDR vorsprach. Die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des MfS und ihr großer Bruder – die Sowjetdienste – interessierten sich vor allem für das Geschehen auf dem Teufelsberg, und heuerten Yildirim als Agent an, Deckname „Blitz“. Schnell fand der geschickte Kfz-Meister, der von den GIs „The Meister“ genannt wurde, eine Anstellung mit Kontaktaussichten. Beim „Auto Craft Shop“, einer Werkstatt für US-Soldaten in den Lichterfelder Andrews Barracks, freundete er sich mit Angehörigen der INSCOM-Einheit an, die auf dem Teufelsberg im Schichtdienst den Feind abhörten und privilegierten Zugang zu Geheimdienstdokumenten hatten.

Berliner Prachtbau ging verloren – heute nur noch eine Sandfläche. Gefährliche Ruinenromantik – Das giftige Erbe der „Spinne“. Diese Brücke fiel in der Schlacht um Berlin – kommt sie