Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia SE plant, die restlichen 13 Prozent der Aktien der Deutschen Wohnen zu übernehmen, um die vor drei Jahren begonnene Übernahme abzuschließen. Der Kaufpreis beläuft sich auf rund 20 Milliarden Euro, und dank eines Steuerschlupflochs ist keine Grunderwerbssteuer fällig. Dies ist bereits das zweite Mal, dass Vonovia diese Regelung nutzt, nachdem sie im Oktober 2021 87 Prozent der Deutsche Wohnen-Aktien erworben hatten, ohne Grunderwerbssteuer zahlen zu müssen.
Die Grunderwerbsteuer wird normalerweise beim Kauf von Grundstücken oder Immobilien erhoben und variiert je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises. In Berlin beträgt sie sechs Prozent. Durch den Share Deal-Mechanismus können Unternehmen bis zu 90 Prozent einer Immobilie erwerben, ohne Steuern zahlen zu müssen. Bei einem Share Deal erwirbt der Käufer Anteile an einem Unternehmen, das die Immobilien besitzt, anstatt die Immobilien selbst zu kaufen.
Um die 90-Prozent-Marke nicht zu überschreiten und somit Grunderwerbssteuern zu vermeiden, hat Vonovia 20 Prozent ihrer Anteile an einem Joint Venture mit dem Finanzinvestor Apollo verkauft. Auf diese Weise erreicht Vonovia nur einen Besitz von 80 Prozent an der Deutsche Wohnen. Dieser Deal ermöglicht es Vonovia, die Steuern zu umgehen und gleichzeitig die Übernahme der restlichen Aktien abzuschließen.
Obwohl diese Praxis legal ist, gibt es Kritik von politischer Seite. Die Grünen bezeichnen das Vorgehen als „organisierte Steuerhinterziehung“ und fordern eine politische Lösung auf Bundesebene. Sie argumentieren, dass diese Praktiken zwar gesetzlich gedeckt sind, aber überarbeitet werden müssen, um solche Schlupflöcher zu schließen.
In Berlin ist der Anteil von Share Deals an Immobilientransaktionen besonders hoch, was zu erheblichen Steuerausfällen führen kann. Laut Recherchen wurden in den letzten Jahren mehr als ein Drittel aller großen Wohnungstransaktionen in Berlin durch Share Deals abgewickelt, was zu erheblichen Verlusten für die öffentliche Hand führt.
Es ist jedoch unklar, wie hoch die tatsächlichen Verluste durch diese Praktiken sind. Schätzungen des hessischen Finanzministeriums aus dem Jahr 2016 gehen von Steuerausfällen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr im gesamten Bundesgebiet aus. Mit dem aktuellen Deal von Vonovia mit der Deutsche Wohnen könnten der Berliner Landeskasse jedoch über eine Milliarde Euro entgehen.
Es bleibt abzuwarten, ob politische Maßnahmen ergriffen werden, um solche Steuerschlupflöcher zu schließen und sicherzustellen, dass Unternehmen angemessene Steuern zahlen. Die Debatte über Share Deals und Grunderwerbssteuern wird voraussichtlich weitergehen, während Unternehmen wie Vonovia weiterhin von diesen rechtlichen Schlupflöchern profitieren.