news-30102024-032459

Bücher, die einst der jüdischen Spitzensportlerin Lilli Henoch gehörten und während der Nazi-Herrschaft von ihr getrennt wurden, sind nun endlich in die Hände eines ihrer Nachfahren zurückgekehrt. Diese Bücher waren Teil eines Bestands, der nach dem Zweiten Weltkrieg in der Synagoge am Fraenkelufer in Berlin-Kreuzberg entdeckt wurde. Lilli Henoch war eine herausragende Leichtathletin und ein Sportstar ihrer Zeit, der mehrere Weltrekorde aufstellte.

Seit einiger Zeit forschen Experten im Rahmen eines gemeinsamen Projekts an der Moses Mendelssohn Akademie Halberstadt intensiv über die Herkunft der Bücher. Sie versuchen, die ursprünglichen Eigentümer zu ermitteln und mögliche Erben ausfindig zu machen. Dieses Projekt wird vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste, der Moses Mendelssohn Stiftung Berlin und dem Unternehmer Manfred Wolff unterstützt. Bei der feierlichen Übergabe der Bücher in der Landesvertretung Sachsen-Anhalts in Berlin war auch Henochs Nachfahre Marc Mendelson anwesend, der sich intensiv mit der Geschichte seiner Familie beschäftigt und sich für das Gedenken an die Opfer engagiert.

Lilli Henoch war in Königsberg geboren und begann ihre sportliche Karriere beim Berliner Sport-Club (BSC) im Jahr 1919. Sie war nicht nur eine erfolgreiche Leichtathletin, sondern auch eine talentierte Hockey- und Handballspielerin. Bis 1926 errang sie zahlreiche Erfolge und wurde insgesamt zehnmal deutsche Meisterin in verschiedenen Disziplinen wie Diskuswurf, Kugelstoßen, Weitsprung und der 4-mal-100-Meter-Staffel. Sie stellte sogar mehrere Weltrekorde auf.

Nach ihrer aktiven Sportkarriere arbeitete Lilli Henoch in leitender Funktion beim BSC, wurde jedoch 1933 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung ausgeschlossen. Obwohl sie Angebote aus dem Ausland hatte, entschied sie sich, in Deutschland zu bleiben. Sie unterrichtete als Turnlehrerin an einer jüdischen Volksschule und trainierte eine erfolgreiche Handballmannschaft. Ihr Leben endete tragisch, als sie im September 1942 zusammen mit ihrer Mutter von den Nazis deportiert und in der Nähe von Riga ermordet wurde.

Die Erinnerung an Lilli Henoch wird in Berlin bis heute hochgehalten. Straßen, Sportplätze und Turnhallen tragen ihren Namen, um an ihr Vermächtnis zu erinnern. Ihr Nachfahre Marc Mendelson erhielt die Bücher seiner Stief-Urgroßmutter und -Großmutter nach 82 Jahren zurück, was ein wichtiger Schritt in der Aufarbeitung der Geschichte und des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ist.