Eine Krebsdiagnose, Mobbing am Arbeitsplatz, eine Kündigung oder die Trennung vom Partner: Es gibt Ereignisse im Leben, die wir eindeutig mit dem Wort »Stress« verknüpfen. Durch die wir angespannt sind. Nervös. Ereignisse, die ganz klar und für jeden nachvollziehbar psychisch und körperlich belasten. Doch viele Menschen fühlen sich auch dann ausgelaugt, angespannt und nervös, wenn es von außen betrachtet keinen Grund dafür zu geben scheint. Wenn zu bewährten Routinen, die eigentlich bewältigbar erscheinen, keine zusätzlichen großen Stressauslöser hinzukommen. Was steckt dahinter?
Mikrostress: Ein Phänomen der Leistungsgesellschaft?
Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen stießen die US-Autor:innen Karen Dillon und Rob Cross eher zufällig. Cross ist Professor an einer Wirtschaftshochschule und forscht seit Jahrzehnten zu effektiven Organisationen und Kollaboration. Dillon schreibt regelmäßig für das Harvard Business Review, ein Management-Magazin der Harvard University. Ursprünglich wollten die beiden in Interviews mit »High Performern« herausfinden, was diese von anderen Menschen unterscheidet. Zwischen 2019 und 2021 sprachen sie mit 300 Frauen und Männern, die in 30 weltweit agierenden Firmen arbeiteten, meist in Führungspositionen. Bei den Gesprächen machten sie allerdings eine für sie überraschende Feststellung. Diese war so weitreichend, dass sie die ursprüngliche Forschungsidee fallen ließen und der Erkenntnis weiter auf den Grund gehen wollten: Bei rund 90% der Interviewten zeigte sich im Laufe des Gesprächs, dass sie Probleme hatten, mit ihrem privaten und beruflichen Leben Schritt zu halten. Und das, ohne dass es ihnen bis dahin selbst bewusst gewesen war und obwohl sie von außen den Eindruck erweckten, in allen Lebensbereichen zu brillieren.
Was wir hörten, war Stress, ja, aber in einer Form, die weder sie – noch wir – in Worte fassen konnten. Während sie sich abmühten, ihn zu beschreiben, zeichneten sich Muster ab. Es war nie die eine große Sache, die dazu führte, dass sie sich überwältigt fühlten. Vielmehr war es die unablässige Anhäufung von unbemerkten kleinen Ereignissen, die ihr Wohlbefinden drastisch beeinträchtigten.
Mit der zunehmenden Digitalisierung und der ständigen Erreichbarkeit durch Smartphones und Tablets sind viele Menschen rund um die Uhr mit Informationen und Anforderungen konfrontiert. Dieser permanente Zustrom von kleinen, scheinbar unbedeutenden Stressfaktoren kann sich im Laufe der Zeit zu einem großen Problem entwickeln. Es ist wichtig, Wege zu finden, um diesen Mikrostress im Alltag zu bekämpfen und das eigene Wohlbefinden zu schützen.
Eine Möglichkeit, Mikrostress zu reduzieren, besteht darin, bewusste Auszeiten einzuplanen und sich regelmäßig zu entspannen. Dies kann durch Meditation, Yoga oder einfach durch das Lesen eines Buches geschehen. Indem man sich bewusst Zeit für sich selbst nimmt und abschaltet, kann man den negativen Auswirkungen von Mikrostress entgegenwirken.
Eine weitere effektive Methode zur Bekämpfung von Mikrostress ist die Priorisierung und Delegation von Aufgaben. Oft fühlen sich Menschen überfordert, weil sie versuchen, alles alleine zu erledigen. Es ist wichtig zu erkennen, dass es in Ordnung ist, um Hilfe zu bitten und Aufgaben abzugeben. Dies kann den Druck verringern und ein Gefühl der Entlastung schaffen.
Darüber hinaus ist es hilfreich, regelmäßig Sport zu treiben und sich gesund zu ernähren. Körperliche Bewegung und eine ausgewogene Ernährung können dazu beitragen, Stress abzubauen und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern. Es ist wichtig, auf sich selbst zu achten und die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen.
Indem man sich bewusst wird, wie Mikrostress im Alltag entsteht und welche Auswirkungen er haben kann, kann man gezielt Maßnahmen ergreifen, um dem entgegenzuwirken. Es ist wichtig, auf die eigenen Grenzen zu achten und rechtzeitig einzugreifen, um langfristige negative Folgen zu vermeiden. Durch die Anwendung effektiver Methoden zur Bekämpfung von Mikrostress kann man ein ausgeglicheneres und stressfreieres Leben führen.