Neuer Ernährungsreport: Bedeutung des guten Geschmacks in Deutschland
Essen kann Ängste und Vorurteile schüren, wie beispielsweise wenn rechtsradikale Kreise behaupten, dass eine Elite die Bürger dazu zwingen möchte, Insekten zu essen. Die Ernährung ist zu einem politischen Thema geworden, wie CSU-Chef Marcus Söder kritisiert, dass die Grünen den Deutschen den Appetit auf traditionelle Gerichte wie Schnitzel, Currywurst und Schweinsbraten nehmen wollen. Der Konflikt zwischen Fleischessern und Vegetariern/Veganern ist emotional aufgeladen.
Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) betont jedoch, dass es keinen Kulturkampf um Essen geben sollte. Bei der Präsentation des Ernährungsreports 2024 in Berlin betonte er, dass Politiker, die richtige und falsche Ernährung propagieren, auf dem falschen Weg seien. Die Bürger verlangen nach echter Wahlfreiheit, Transparenz und hoher Qualität bei Lebensmitteln. Özdemir betont, dass die Lebensmittelindustrie, Landwirtschaft und Verbraucher bereits viel weiter sind in der Entwicklung der Ernährung, als es manche Kulturkämpfer vermuten lassen.
65 Prozent der Befragten legen Wert auf das Tierwohllabel, was zeigt, dass Verbraucher zunehmend auf das Wohl der Tiere bei der Lebensmittelproduktion achten. Seit 2015 veröffentlicht das Ministerium den jährlichen Ernährungsreport „Deutschland, wie es isst“, der in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa erstellt wird. Der aktuelle Bericht zeigt, dass die Bundesbürger nach detaillierten Informationen über die Lebensmittel, die sie konsumieren, verlangen.
Die Marktmacht der Verbraucher ist entscheidend, sowohl im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung als auch für das Tierwohl und die Ernährungsqualität. Laut Forsa-Umfrage spielen Kennzeichnungslabel eine immer wichtigere Rolle bei Kaufentscheidungen. Der Anteil der Menschen, die beim Einkauf auf das Tierwohllabel achten, hat sich seit 2015 fast verdoppelt, von 36 Prozent auf 65 Prozent. Auch das EU-Biosiegel gewinnt an Bedeutung, von 47 auf 59 Prozent gestiegen. Immer mehr Menschen entscheiden sich zudem für vegetarische oder vegane Alternativen zu tierischen Produkten.
Frauen legen besonders viel Wert auf gesunde Ernährung, 97 Prozent von ihnen achten darauf. Guter Geschmack bleibt jedoch das wichtigste Kriterium beim Essen, wie seit 2015 konstant 98 oder 99 Prozent angeben. Auch das Kriterium „gesund“ steht traditionell hoch im Kurs, mit 89 bis 92 Prozent. Frauen zeigen dabei mit 97 Prozent eine höhere Präferenz für gesunde Ernährung als Männer (85 Prozent).
Trotz der Bedeutung von gutem Geschmack und gesunder Ernährung gibt es einen großen Handlungsbedarf in Deutschland. Etwa 15 Prozent der Kinder gelten als übergewichtig, einige davon sogar als adipös. Auch bei Erwachsenen sind Übergewicht und ernährungsbedingte Krankheiten ein ernsthaftes Problem. Wissenschaftler und Mediziner betonen die starken Zusammenhänge zwischen Ernährung und Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und einigen Krebsarten.
Die Befragten im Ernährungsreport befürworten mehrheitlich (85 Prozent), dass Fertiglebensmitteln weniger Zucker zugesetzt wird. Sieben Prozent sind dafür, die fehlende Süße durch Süßungsmittel zu ersetzen, während sechs Prozent keine Veränderungen wünschen. Auch der Zuckergehalt von Getränken wird kritisch betrachtet, mit dem Wunsch nach weniger Zuckerzusatz. Der Konsum von Obst und Gemüse ist bei 71 Prozent der Befragten täglich, während Milchprodukte wie Joghurt oder Käse bei 62 Prozent auf dem Speiseplan stehen. Es gibt jedoch kaum Veränderungen im täglichen Konsum von Fleisch oder Wurst, obwohl insgesamt weniger Menschen täglich auf tierische Produkte zurückgreifen.
Insgesamt zeigt der Ernährungsreport 2024, dass die Deutschen immer mehr Wert auf Transparenz, Qualität und Gesundheit bei ihrer Ernährung legen. Die Entwicklung der Esskultur geht weiter voran, wobei guter Geschmack nach wie vor an erster Stelle steht, gefolgt von gesunder Ernährung. Die Politik und die Lebensmittelbranche stehen vor der Herausforderung, den Bedürfnissen der Verbraucher gerecht zu werden und eine nachhaltige Ernährung zu fördern.