Berlin. Politisch trennen Robert Habeck und Christian Lindner Welten. Persönlich waren sie sich offenbar näher. News zur Regierungskrise im Blog.
Die Ampel-Koalition ist am Ende: Olaf Scholz entlässt Finanzminister Christian Lindner und kündigt an, im Januar die Vertrauensfrage zu stellen, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Doch die Opposition fordert mehr Tempo. Volker Wissing verlässt die FDP und bleibt in der Regierung.
Der Vizekanzler Robert Habeck hat trotz des Bruchs der Ampel-Koalition ein persönlich gutes Verhältnis zu Ex-Finanzminister Christian Lindner hervorgehoben. Lindner und er hätten drei Jahre lang oft zusammengesessen und eng zusammengearbeitet, „und auch viel Spaß gehabt, also auch rumgeflachst. Christian Lindner ist ja mitunter ein sehr, sehr lustiger Mensch – und ich hoffe, dass er das über mich auch sagen wird“, sagte Habeck in einer Sondersendung bei RTL-„Aktuell“. Am Mittwochabend habe er sich von Lindner natürlich auch verabschiedet, „im Sinne von: Alles Gute“. „Persönlich gibt es da also kein großes Problem, aber politisch war es schwierig“, bilanzierte der Wirtschaftsminister.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat SPD und Grünen in Zusammenhang mit dem Bruch der Ampel-Koalition mangelnden Reformwillen vorgeworfen. Im Koalitionsausschuss am Mittwochabend sei schnell klar gewesen, dass es den beiden Koalitionspartnern „vornehmlich nicht um wirtschaftliche Reformprojekte, sondern um Haushaltsspielraum ging“, sagte Dürr am Donnerstag in Berlin. Insbesondere Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe nicht über größere Reformideen reden wollen. Stattdessen habe er gewollt, dass die FDP einem Aussetzen der Schuldenbremse zustimme.
Die Union fordert den sofortigen Rücktritt von Verkehrsminister Volker Wissing aus seinem Amt. Sie bezeichnen sein Versagen als charakterlosen Loyalitätsbruch und halten ihn verantwortlich für das Chaos in der Bahn, festgefahrene Digitalisierung und den Verlust in der Automobilindustrie und im Luftverkehr. Wissing bleibt jedoch im Amt und verlässt die FDP. Dies entspreche seiner „Vorstellung von Übernahme von Verantwortung“, betonte er.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will trotz des Bruchs der Ampel-Koalition noch mehrere wichtige Gesetzesvorhaben umsetzen. Ganz klar sei: „Die Krankenhausreform, sie wird und sie muss kommen“, sagte der SPD-Politiker beim Deutschen Pflegetag in Berlin. In den Krankenhäusern könne nicht weiter in einem Hamsterrad gearbeitet werden. „Diese Reform werden wir nicht scheitern lassen und werden sie im Bundesrat durchsetzen.“ Käme sie nicht, würden in den nächsten zwei Jahren Hunderte Krankenhäuser in die Insolvenz gehen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mit Blick auf das Ende der Ampel zu Vernunft und Verantwortung aufgerufen. Viele Menschen blickten mit Sorge auf eine unsichere Lage, sagte Steinmeier am Donnerstag in Berlin. Es sei nicht die Zeit für „Taktik und Scharmützel“. Er erwarte von allen Verantwortlichen, dass sie der Größe der Verantwortung gerecht werden.
Die Grüne Jugend hat sich erleichtert über das Ende der Ampel-Koalition gezeigt. Sie kritisierten FDP-Chef Christian Lindner für sein Spardiktat und warfen ihm vor, nicht genügend Fortschritte und soziale Absicherung im Klimaschutz zu erzielen. Sie betonten die Notwendigkeit von Veränderungen und einen Blick in die Zukunft.
Bayerns Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger kündigt an, bei der geplanten Neuwahl des Bundestags eine Bewerbung um ein Direktmandat für die Freien Wähler anzutreten. Die Partei strebe den Gewinn von drei Direktmandaten an, um in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen. Aiwanger erklärte, dass die Freien Wähler zusammen mit Union und FDP die nächste Bundesregierung stellen wollen. Bei der Landtagswahl in Bayern hatte Aiwanger seinen Stimmkreis Landshut deutlich gewonnen, die Freien Wähler konnten damals zwei Direktmandate in Bayern holen.
Die Bundeswahlleiterin sieht keine besondere Herausforderung in einer kurzfristigen Neuwahl. Die Fristen dafür seien gesetzlich geregelt und es gebe keine speziellen Schwierigkeiten, eine schnelle Neuwahl zu organisieren. Der Termin für die Neuwahlen ist gesetzlich festgelegt, und eine Auflösung des Bundestages muss innerhalb von 60 Tagen erfolgen.
Die Unionsfraktion fordert, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag spätestens in der kommenden Woche stellt. Die Ampel-Koalition sei gescheitert, und die Legislaturperiode sei zu Ende, sagte Fraktionschef Friedrich Merz. Die Unionsfraktion hat einstimmig beschlossen, dass die Vertrauensabstimmung spätestens kommende Woche stattfinden solle. Die Entscheidung darüber, wann die Vertrauensfrage gestellt wird, liegt beim Bundeskanzler.
Der bisherige Wirtschaftsberater von Bundeskanzler Olaf Scholz, Jörg Kukies, wird der neue Finanzminister. Er übernimmt das Finanzressort von dem entlassenen Minister Christian Lindner. Verkehrsminister Volker Wissing tritt aus der FDP aus, behält jedoch sein Ministeramt. Er will nicht in eine andere Partei eintreten.