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Terror in Beirut: Hisbollah droht Israel nach Explosionen

Die Vorfälle in Beirut erinnern an Szenen aus einem Science-Fiction-Film: Plötzlich explodieren im Libanon an verschiedenen Orten zeitgleich kleine Kommunikationsgeräte. Alle Entwicklungen im Newsticker.

Sprengstoff-Lieferung kam aus Taiwan

Israel hat einem Bericht zufolge vor den massenhaften Explosionen von Pagern im Libanon eine Lieferung der Geräte an die pro-iranische Hisbollah abgefangen und diese mit Sprengstoff präpariert. Die libanesische Miliz habe die Pager in Taiwan bestellt, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf mehrere US-Vertreter und Informanten aus anderen Ländern. Dem israelischen Geheimdienst sei es gelungen, die Lieferung abzufangen und in den Pagern einige Gramm Sprengstoff zu platzieren.

Eine der Hisbollah nahestehende Quelle sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass „die explodierten Pager eine kürzlich von der Hisbollah importierte Lieferung von 1000 Geräten betreffen“, die offenbar „an der Quelle sabotiert“ worden seien. Laut dem Bericht der „New York Times“ hatte die Hisbollah etwa 3000 Pager des Herstellers Gold Apollo bestellt. Israel hat sich bislang nicht zu den Explosionen geäußert.

WHO: Hilfskonvoi im Gazastreifen von israelischen Panzern beschossen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat der israelischen Armee den Beschuss eines Hilfskonvois im Gazastreifen vorgeworfen. Der von der WHO angeführte Konvoi sei am Samstag auf dem Rückweg von einer Mission im nördlichen Gazastreifen gewesen und habe die Freigabe zum Passieren eines Kontrollpunkts erhalten, schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Dienstag im Onlinedienst X. Zwei Panzer hätten dann aber Schüsse in Richtung des Konvois abgegeben. „Das ist inakzeptabel“, erklärte Tedros. „Glücklicherweise wurde niemand verletzt.“

Lufthansa und Air France setzen Flüge nach Tel Aviv aus

Nach hunderten gleichzeitigen Pager-Explosionen im Libanon haben die Lufthansa und Air France ihre Flüge nach Israel ausgesetzt. „Angesichts der kurzfristigen Veränderung der Sicherheitslage“ hätten die Fluggesellschaften der Lufthansa Group „mit sofortiger Wirkung“ entschieden, alle Flüge von und nach Tel Aviv auszusetzen, teilte das Unternehmen am Dienstagabend in Frankfurt am Main mit. Auch die iranische Hauptstadt Teheran werde ab sofort nicht mehr angeflogen. In beiden Fällen gelte dies zunächst bis einschließlich Donnerstag.

Air France kündigte an, im gleichen Zeitraum die Flüge nach Tel Aviv sowie in die libanesische Hauptstadt Beirut auszusetzen. Zur Begründung führte die französische Fluggesellschaft ebenfalls die Sicherheitslage vor Ort an.

Die Lufthansa erklärte, bis einschließlich Donnerstag würden auch der israelische und der iranische Luftraum von allen Fluggesellschaften der Lufthansa Group umflogen. Von den Flugstreichungen betroffene Fluggäste könnten kostenfrei auf ein späteres Reisedatum umbuchen oder sich den Ticketpreis vollständig erstatten lassen, hieß es in der Mitteilung weiter.

Im Süden von Beirut herrscht nach Pager-Explosionen Chaos

Am südlichen Rand von Beirut, einer Hochburg der pro-iranischen Hisbollah-Miliz, werden auf dem Parkplatz eines Krankenhauses Verletzte behandelt, die auf blutverschmierten Tragen liegen. Menschen kommen angelaufen, um Blut für die vielen Verletzten zu spenden. Durch die gleichzeitige Explosion zahlreicher Pager, die von Hisbollah-Mitgliedern genutzt wurden, sind im Libanon nach vorläufigen Angaben der Regierung neun Menschen getötet und etwa 2800 weitere verletzt worden.

„In meinem Leben habe ich so etwas noch nicht gesehen“, sagt Anwohner Mussa, der nur seinen Vornamen nennen will, über die chaotische Situation. „Meine Frau und ich sind zum Arzt gegangen und da explodiert das plötzlich“, schildert er. Vor ihm hätten Menschen auf dem Boden gelegen.

Auf dem Krankenhausparkplatz werden auf dem Boden Matten für die vielen Verletzten ausgebreitet, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP schildert. Ein anderer AFP-Korrespondent berichtet von einem Verletzten, der Wunden im Gesicht, am Auge und an der Hand davongetragen hat.

In Online-Netzwerken zirkulieren Bilder von blutverschmierten Menschen, von denen manche bei den Pager-Explosionen Finger verloren haben. Ein Augenzeuge schildert, er habe gesehen, wie ein Hisbollah-Mitglied, das er kenne, eine Nachricht auf seinem Pager bekommen habe, bevor das Gerät explodiert sei.

Iran bezeichnet Explosionen im Libanon als Terrorakt

Irans Außenminister Abbas Araghchi verurteilt die mutmaßlich koordinierten Explosionen Hunderter tragbarer Funkempfänger im Libanon als „Terrorakt“. In einem Gespräch mit seinem libanesischen Kollegen Abdullah Bou Habib sprach Irans Topdiplomat sein Beileid aus und bot Unterstützung an, wie das Außenministerium in Teheran in einer Mitteilung erklärte. Araghchi machte Israel für die Explosionen verantwortlich.

In einem separaten Telefongespräch erkundigte sich Irans Außenminister zudem bei der Ehefrau des verletzten Botschafters über dessen Gesundheitszustand. Dieser war bei einer der Explosionen in dem Mittelmeerland ebenfalls verletzt worden, befindet sich aber nach Angaben iranischer Medien nicht in einem kritischen Zustand.

USA: Nicht vorab über Pager-Explosionen im Libanon informiert

Die USA waren über die bevorstehende Massenexplosion von Pagern im Libanon, die sich gegen die Schiiten-Miliz Hisbollah richtete, nach Angaben aus Washington vorab nicht informiert und auch nicht daran beteiligt. „Ich kann Ihnen sagen, dass die USA nicht daran beteiligt waren und dass die USA nicht im Voraus von diesem Vorfall wussten“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Dienstag in Washington. „Im Moment sammeln wir Informationen.“

Zugleich mahnte die US-Regierung den Iran, nichts zu tun, was die derzeit angespannte Lage verschärft. „Wir möchten den Iran dringend bitten, diesen Vorfall nicht auszunutzen, um weitere Instabilität zu schaffen“, sagte Miller. Der Iran unterstützt die Hisbollah im Libanon, die nach dem Beginn des Gaza-Krieges ihre Angriffe auf Israel intensiviert hatte.

Explodierte Funkempfänger: Hisbollah kündigt Vergeltung an

Die Hisbollah im Libanon hat Israel für die mutmaßlich koordinierten Explosionen Hunderter tragbarer Funkempfänger verantwortlich gemacht und Vergeltung angekündigt. Der „israelische Feind“ sei voll verantwortlich für die „kriminelle Aggression“, hieß es in einer Erklärung der pro-iranschen Schiitenorganisation auf Telegram. Israel werde eine „gerechte Vergeltung“ für diese „sündige Aggression“ erhalten, hieß es weiter.

2750 Verletzte und 9 Tote bei Explosionen im Libanon

Der Konflikt zwischen Israel und der schiitischen Hisbollah-Miliz spitzt sich weiter zu: Bei mutmaßlich koordinierten Explosionen vieler tragbarer Funkempfänger sind im Libanon rund 2750 Menschen verletzt und 9 Menschen getötet worden. Der Zustand von rund 200 Verletzten sei kritisch, erklärte der libanesische Gesundheitsminister Firas Abiad bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Beirut.

Verletzt wurden nach Angaben der Hisbollah-Miliz auch Mitglieder der Organisation. Unter den Verletzten sollen auch Mitglieder der Elitetruppe Radwan gewesen sein. Zudem sollen hochrangige Hisbollah-Vertreter verletzt worden sein, wie eine der Miliz nahestehende Quelle bestätigte. Die Gründe für die zeitgleichen Explosionen würden untersucht, erklärte die Organisation.

Im Raum stand die Vermutung, dass Israel die Geräte als Angriff auf Hisbollah-Kämpfer gezielt zur Explosion gebracht haben könnte. Israels Armee kommentierte die Vorfälle zunächst nicht. Unmittelbar vor den Explosionen hatten israelische Medien über „dramatische Konsultationen“ der politischen Führung berichtet.

In Videos von Überwachungskameras im Libanon war zu sehen, wie es etwa in Supermärkten zu kleineren Explosionen kam. Teils lagen Menschen danach am Boden. Die Explosionen ereigneten sich örtlichen Medien zufolge in den südlichen Vororten Beiruts, wo die Hisbollah besonders stark ist, sowie im Süden des Landes.

Panik in den Straßen

Augenzeugen berichteten von Panik in den Straßen Beiruts. Zahlreiche Krankenwagen waren im Einsatz. Das libanesische Gesundheitsministerium rief alle Krankenhäuser zu höchster Alarmbereitschaft auf und forderte die Menschen auf, keine Funkgeräte zu benutzen. Bei den explodierten Geräten soll es sich um tragbare Funkrufempfänger handeln, die auch als Pager bekannt sind. Das Ministerium rief zu Blutspenden auf.

Auch Irans Botschafter im Libanon, Modschtaba Amani, soll Medienberichten zufolge bei der Explosion eines Pagers verletzt worden sein. Dieser habe einem Leibwächter gehört, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Tasnim. Zur Beobachtung sei Amani in ein Krankenhaus gebracht worden, hieß es. Die Hisbollah ist der wichtigste nicht-staatliche Verbündete der Islamischen Republik Iran.

Israel spricht von Notwendigkeit eines Militäreinsatzes im Libanon

Nach fast einem Jahr Dauergefechten zwischen Israel und der Hisbollah mehrten sich zuletzt die Zeichen, dass der Konflikt zu einem offenen Krieg eskalieren könnte. Die Rückkehr der geflüchteten israelischen Bürger in ihre Wohnorte im Norden des Landes zählt nun – neben der Befreiung der Geiseln aus dem Gazastreifen und der Zerstörung der Hamas – zu Israels erklärten Kriegszielen.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast einem Jahr kommt es im Grenzgebiet fast täglich zu Konfrontationen zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär. Die israelische Zeitung „Jerusalem Post“ meldete unter Berufung auf politische und militärische Kreise derweil, Israel sei einem umfassenden Krieg mit der Hisbollah näher als je zuvor. Ein großangelegter Krieg sei für alle Seiten aber weiter riskant.

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