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Christoph Marthaler kehrt zur Volksbühne zurück: Zwischen Originalen und Fälschungen

Nach fast einem Jahrzehnt kehrt der renommierte Musiker und Theatermacher Christoph Marthaler endlich an die Volksbühne zurück. In einer faszinierenden Inszenierung gemeinsam mit der talentierten Bühnenbildnerin Anna Viebrock taucht er mit dem Publikum in die Welt eines Wachsfigurenkabinetts ein, wo die Grenzen zwischen Realität und Illusion verschwimmen. Unter dem Titel „Wachs oder Wirklichkeit“ entfaltet sich ein Abend voller anrührender Komik, der die zeitgenössischen Themen auf kunstvolle Weise reflektiert.

Die Bühne betritt man wie eine Galerie voller Wachsfiguren, darunter bekannte Persönlichkeiten wie der Fernsehkoch Horst Lichter und der Sänger Heino. Anna Viebrock hat ein beeindruckendes Jugendstil-Foyer geschaffen, das mit detailgetreuen Nachbildungen und skurrilen Details fasziniert. Doch die eigentliche Magie des Abends beginnt, bevor der Vorhang überhaupt aufgeht.

Ein Moment der Geduld und des Staunens
Clemens Sienknecht setzt sich an das Klavier und beginnt, die einprägsamen Takte des Discohits „Rhythm is a Dancer“ zu wiederholen, während er immer wieder betont: „Bitte haben Sie noch ein wenig Geduld, wir sind gleich wieder für Sie da.“ Diese scheinbar endlose Schleife aus Musik und Text zieht das Publikum in eine Welt des Wartens und der Vorfreude, die typisch für Marthalers Inszenierungen ist. Es ist ein Moment voller Witz und Poesie, der die Geduld der Zuschauer auf die Probe stellt und gleichzeitig auf die zeitlose Thematik des Abends hinweist.

Original oder Fälschung: Die Frage nach der Realität
Der Abend entwickelt sich zu einer tiefgründigen Auseinandersetzung mit der Frage nach Originalität und Fälschung, Menschlichkeit und Maschinenwelt. Ein Insider-Joke verweist auf vergangene Inszenierungen von Marthaler und bringt die Zuschauer zum Schmunzeln. Die Szene, in der ein realer Mensch die Maschine imitiert, statt umgekehrt, wirft wichtige Fragen auf: Was ist wirklich, was ist Illusion? Wo verläuft die Grenze zwischen Künstlichkeit und Authentizität?

Die Schauspieler und Musiker stehen regungslos neben den Wachsfiguren, während eine alternde Hausmeisterin sie liebevoll abstaubt. In diesem Moment verschwimmen die Grenzen zwischen Leben und Kunst, zwischen Vergänglichkeit und Ewigkeit. Die Inszenierung lässt den Zuschauer immer wieder zweifeln, wer hier echt ist und wer nicht.

Ein Abend voller Poesie und Melancholie
Im Verlauf des Abends entfaltet sich eine Vielzahl von Dialogen aus der Feder des Schweizer Autors Jürg Laederach. Diese Gespräche über das Leben, die Liebe und den Abschied sind geprägt von Sprachwitz und Surrealismus, die perfekt zu Marthalers Ästhetik passen. Die Figuren auf der Bühne werden zu lebenden Wachsfiguren, die mit ihren eigenen Imitaten interagieren und so die Fragilität der menschlichen Existenz verdeutlichen.

Die Inszenierung verwebt Musik, Theater und Performance zu einem einzigartigen Erlebnis, das den Zuschauer zum Nachdenken und Schmunzeln bringt. Die Melancholie des Abends liegt in der Luft, während die Darsteller und Musiker ihr Können unter Beweis stellen. Es ist ein Abend voller Poesie und Tiefe, der die essentiellen Fragen des Lebens auf humorvolle und berührende Weise reflektiert.

In einer Zeit des Umbruchs und der Unsicherheit wirkt die Inszenierung von Christoph Marthaler erstaunlich zeitgemäß und relevant. Die Themen von Berühmtheit, Identität und Vergänglichkeit durchziehen den Abend und laden den Zuschauer ein, über die eigenen Existenzfragen nachzudenken. Es ist ein Wiedersehen mit einer unvergleichlichen Ästhetik, die die Zuschauer seit Jahren vermisst haben. Gut, dass Marthaler und Viebrock zurück sind an der Volksbühne, um uns mit ihren einzigartigen Inszenierungen zu begeistern und zum Nachdenken anzuregen.

Christoph Marthaler kehrt zur Volksbühne zurück: Zwischen Originalen und Fälschungen, ein Abend voller Komik, Poesie und Melancholie, der die zeitgenössischen Fragen auf kunstvolle Weise reflektiert und den Zuschauer in eine Welt der Wunder und Zweifel entführt.